Sport spielt im Leben vieler Menschen eine große Rolle und ist dabei weit mehr als nur Bewegung. Sport wirkt gesunderhaltend, inklusiv und integrierend, bedeutet gemeinschaftliches Miteinander und soziale Interaktion, nimmt großen Stellenwert in der Kinderbetreuung und Kindererziehung ein und hat sowohl als Freizeitaktivität als auch als Berufsweg enorme wirtschaftliche Bedeutung.
Es ist das herausfordernde Ziel der Münchner Sportpolitik, die Sport- und Bewegungsbedingungen aller Münchnerinnen und Münchner in möglichst gleichberechtigter Weise zu gestalten und zu optimieren sowie den damit in Zusammenhang stehenden Bedürfnissen verschiedener Bevölkerungsgruppen nachzukommen.
Eine tragende Rolle spielen dabei die ca. 700 Sportvereine der Stadt – über 700.000 Menschen der rund eine Million Sporttreibenden in München finden dort eine sportliche Heimat. Zu Anfang noch im Verborgenen, zeigt sich allerspätestens nun mit dem zweiten Lockdown, dass die Corona-Pandemie einen Großteil der Münchner Sportvereine in eine existenzielle Krise gestürzt hat. Erlaubt ist nur das Sporttreiben allein, zu zweit oder mit den Mitgliedern des eigenen Hausstands. Sportanlagen sind wieder geschlossen, Kontakte zu anderen Menschen sollen minimiert werden, Kurse und Bewegungsangebote fallen aus – ein weitgehender Stillstand für die Münchner Sportvereine, die in der Folge Mitglieder verlieren und kaum neue hinzugewinnen. Hält dieser Trend an, so werden nach und nach immer mehr Vereine in finanzielle Not geraten.
Eine funktionierende und gesunde Vereinsstruktur ist jedoch essenziell für den Breitensport in München. Die Sportpolitik sollte daher, zusammen mit den Sportfachverbänden und der Sportverwaltung, die folgenden Punkte in den Fokus nehmen.
Erstens sind die Einschränkungen des Lockdowns regelmäßig mit den Infektionszahlen abzugleichen. Sollte sich ein Trend des Rückgangs des Infektionsgeschehens ergeben, so müssen Lockerungen für den Vereins- und Breitensport verantwortungsvoll, gewissenhaft, aber doch auch zielorientiert diskutiert werden. Besonders und in erster Linie bei den Kinder- und Jugendteams wäre es wünschenswert, ein vorsichtiges Wiederanlaufen des sportlichen und damit so wichtigen sozialen Miteinanders zu ermöglichen.
Zweitens sollten Appelle und Aufrufe gestartet werden, die Sportvereine nicht als naturgegeben anzusehen, sondern sie als das darzustellen, was sie sind – unentbehrlich und in Bedrängnis. Wenn dies ins Bewusstsein der Menschen gebracht werden könnte und dadurch erreicht wird, dass Münchnerinnen und Münchner, die es sich wirtschaftlich leisten können, ihrem Verein die Treue halten oder gar in einen Verein neu eintreten, dann wäre bereits ein großer Schritt getan.
Drittens spielt die öffentliche Sportförderung eine entscheidende Rolle. Diese gilt in München seit über 15 Jahren als Schwerpunktaufgabe, wird auf Basis von Förderrichtlinien organisiert und soll Vereine bei der Durchführung von Sportangeboten, sowohl infrastrukturell, als auch organisatorisch-finanziell, unterstützen. Neben zwei Förderpauschalen im Umfang von jeweils € 3 Mio. unterstützt München seine Vereine regelmäßig bei zahlreichen Projekten, wie bspw. beim Bau von Sporthallen oder bei der Errichtung und Sanierung von ganzjährig nutzbaren Outdoor-Sportflächen.
Bereits in den ersten Wochen der Pandemie wurde reagiert und entschieden, die normalerweise im Herbst anstehende Auszahlung der Fördergelder in den frühen Sommer vorzuziehen und den Vereinen somit die Möglichkeit zu geben, Einnahmeausfälle zu kompensieren.
Ebenso werden bei städtischen Sportanlagen keine Nutzungsentgelte erhoben, wenn diese Sportstätten Corona-bedingt nicht genutzt werden können. Sollten Vereine Kosten haben, weil Veranstaltungen ausfielen oder Projekte nicht realisiert werden konnten, so besteht im Corona Jahr 2020 die Möglichkeit, auch diese Ausgaben im Wege der Sportförderung erstattet zu bekommen. Es ist unverkennbar – die kommunale Breitensportförderung ist ein Erfolgsmodell. Sie ist im Kern verantwortlich für die vielfältige und abwechslungsreiche Sportkultur der Sportstadt München. Trotz einer schwierigen Haushaltslage der Landeshauptstadt und trotz eines herausfordernden und in weiten Teilen noch nicht einschätzbaren Jahres 2021, soll an den Münchner Sportförderprogrammen ohne Einschränkungen festgehalten werden. Der gesellschaftliche Nutzen dieser Zuschussmaßnahmen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden – erst recht mitten in einer weltweiten Pandemie.
Auch der Freistaat Bayern hat in diesem Kontext noch im Sommer reagiert und die über die sog. Vereinspauschale ausgezahlten Fördermittel für den Vereinssport in München von € 1,3 Mio. auf € 2,6 Mio. aufgestockt. Leider ist abzusehen, dass auch nach dem Jahreswechsel die Herausforderungen der Corona-Pandemie nicht verschwunden sein werden. Es wäre daher sehr erfreulich, wenn die Bayerische Staatsregierung entscheiden würde, dass diese bislang nur für das Jahr 2020 geltende Verdopplung der Fördergelder auch für das kommende Jahr in Aussicht gestellt werden könnte. Neben den jeweils € 3 Mio. umfassenden Pauschalen sowie den zusätzlichen Fördertöpfen der Landeshauptstadt bestünde damit eine gute Grundlage, die Sportvereine möglichst beständig durch die Corona-Zeit zu begleiten und ihnen nach dem hoffentlich baldigen Ende der Pandemie ein rasches Zurückfinden in den uneingeschränkten Sportbetrieb zu ermöglichen.
Wir alle können dazu einen wichtigen Beitrag leisten, Corona-Besiegen ist ein Mannschaftssport! Je disziplinierter wir darauf achten, dass neue Infektionen vermieden werden, desto besser für unser Team-Ergebnis! Ein Jahr voller Herausforderungen geht langsam zu Ende – ein Jahr, das viel Kraft gekostet hat und das lang in Erinnerung bleiben wird.
2020 hat aber auch gezeigt, dass unsere Strukturen und Institutionen ausreichend robust sind, um in einer Krise von globalem Ausmaß nicht einzubrechen. Mit den Folgen der Pandemie werden wir uns noch sehr lang auseinandersetzen, das Wort „Corona“ wird in unserem Sprachgebrauch weiter eine Rolle spielen. Unter dieser Prämisse wird die Sportstadt München auch in den kommenden Jahren Ressourcen und Kompetenzen bereitstellen, um die Münchner Sportfamilie gut und verantwortungsvoll durch die Krise und hin zu alter Stärke zu führen.
Verena Dietl, Sportbürgermeisterin der Landeshauptstadt München